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Blogbeitrag von Marieluna Frank: „Wem gehört das Weltall?“

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„Wem gehört das Weltall“ – Diskussionsveranstaltung im Rahmen des Wissenschaftsjahres 2023 des Bundes „Unser Universum“

von Marieluna Frank

Grafik von Objekten im Erdorbit
Bild von WikiImages auf Pixabay

Im Rahmen des Wissenschaftsjahres des Bundes „Unser Universum“ beschäftigte ich mich gemeinsam mit Katja Grünfeld (Expertin für Luft- und Raumfahrtrecht an der Universität Köln), Dr. Kolja Nicklaus (Head of Business Development, SpaceTech GmbH) und Dr. Jens Temmen (Kulturwissenschaftler an der Universität Düsseldorf) mit der Frage „Wem gehört das Weltall?“. Moderiert wurde der Abend von Jörg-Peter Rau, Mitglied der SÜDKURIER-Chefredaktion. Einen Nachbericht finden Sie hier.

Anknüpfend an diese anregende Diskussion, teile ich hier meinen ressourcenökonomisch angehauchten Beitrag zur Debatte. Mein Gastbeitrag zum Wissenschaftsjahr 2023 ist auch hier abrufbar.

Einleitend möchte ich festhalten, dass das Weltall zunächst einmal niemandem gehört. Es kommt aber darauf an, wem wir die Frage stellen und welchen Teil des Weltalls wir betrachten. Eine Rechtwissenschaftlerin würde auf den Weltraumvertrag verweisen, der den gesamten Weltraum, seine Himmelskörper und den Mond von Möglichkeiten der nationalen Aneignung durch Souveränitätsansprüche freispricht und die Erkundung des Weltraums zur Sache der gesamten Menschheit erklärt.

Eine Politikwissenschaftlerin würde mit Blick auf jüngste Entwicklungen darauf hinweisen, dass es Anzeichen für Bestrebungen gibt, territoriale Kontrolle in den Weltraum auszuweiten. So gibt es beispielsweise Hinweise darauf, China könne zukünftig versuchen seine Souveränität vom Luftraum in den Weltraum auszuweiten. Es könnte sogar eine Ausschließliche Wirtschaftszone im Weltraum vorschlagen, ähnlich dem Konzept, das in internationalen Gewässern angewandt wird.

Kollisionskurs: Weltraumschrott als Gefahr für die Verfügbarkeit von Satellitenslots

Aus einem ressourcenökonomischen Blickwinkel stellt man fest, dass bestimmte räumliche Ressourcen in den Erdumlaufbahnen, begrenzt und wertvoll sind. Wenn es um Weltraumressourcen geht, denken wir oft an wertvolle Schätze wie Helium 3 auf dem Mond und daran, wer sie in Zukunft beanspruchen wird. Es gibt jedoch eine weniger bekannte Ressource, die in unserer kosmischen Nachbarschaft still und leise aufgefüllt wird: Satellitenslots. Während unsere Aufmerksamkeit anderswo liegt, erheben Megakonstellationen wie Starlink und Amazon Kuiper ihren räumlichen Anspruch auf diese Slots und gestalten stillschweigend die Zukunft über unseren Köpfen.

Die Verfügbarkeit von Satellitenslots ist durch orbitalen Schrott gefährdet. Die Wahrscheinlichkeit, dass Objekte in den Erdorbits kollidieren, nimmt stetig zu und kann zu einem Kaskadeneffekt führen, dem sogenannten Kessler-Syndrom. Wenn zwei Objekte miteinander kollidieren, entsteht ein Schwarm neuer Schrottteile, die eine erhebliche Gefahr darstellen. Infolgedessen wird die ohnehin begrenzte Ressource der Satellitenslots zusätzlich eingeschränkt. Gleichzeitig steigt die Nachfrage nach orbitalen Satellitenslots rasant. Sollte die Menschheit das Problem des orbitalen Schrotts nicht in den Griff bekommen, wird die Nutzung der Erdumlaufbahnen für künftige Generationen erheblich erschwert oder gar unmöglich. Alternative Nutzungsmöglichkeiten werden immer geringer. Aus ressourcenökonomischer Perspektive werden Verteilungskonflikte über die räumliche Ressource der Satellitenslots daher wahrscheinlicher.

Kosmische Überlastung: Vergabe und Nutzungsansprüche begehrter Satellitenslots

Laut Artikel 44 (2) der Konstitution der Internationalen Fernmeldeunion sollen diese Ressourcen und die dazugehörigen Erdumlaufbahnen rational, effizient und wirtschaftlich genutzt werden. In der geostationären Umlaufbahn (in 35 786 km Höhe) verwaltet die Internationale Fernmeldeunion die Vergabe von Satellitenslots und Radiofrequenzen. Wer zuerst da ist, bekommt den Slot und die Frequenz!

Im Gegensatz dazu gibt es derzeit kein vergleichbares System für die Zuweisung von Satellitenslots und Radiofrequenzen in den niedrigen Erdumlaufbahnen (zwischen 160 km und 1000 km Höhe). Die Starlink-Konstellation von Elon Musk beispielsweise hat bereits 4.646 Satelliten im niedrigen Erdorbit; insgesamt sollen es 11.924 Satelliten sein (Stand Juli 2023). Aus ressourcenökonomischer Sicht könnte man argumentieren, dass diese Satellitenslots von Elon Musk in Beschlag genommen wurden und folglich alternative Nutzungsmöglichkeiten für diese Slots für einen beträchtlichen Zeitraum nicht möglich sein werden. So entwickelt sich der niedrige Erdorbit gerade zu einem Industriegebiet in welchem sich Besitzverhältnisse über räumliche Ressourcen schleichend ändern können.

Die Gestaltung der Zukunft im und durch das Weltall

Wenn wir uns mit der Frage beschäftigen, wem das Weltall gehört, ist es von entscheidender Bedeutung, darüber nachzudenken, wie wir die Zukunft der Weltraumnutzung gestalten und was wir uns als globale Gemeinschaft von der Weltraumnutzung erhoffen. Die dynamischen Entwicklungen in den Erdumlaufbahnen und in den Weiten des Weltalls erfordern einen kritischen Diskurs unter Einbeziehung der Zivilgesellschaft. Außerdem plädiere ich dafür den Weltraum nicht mehr als Ganzes begreifen, sondern die verschiedenen Domänen wie die Erdumlaufbahnen und den tieferen Weltraum getrennt zu betrachten. Nur so können wir den komplexen Herausforderungen und Fragen in den jeweiligen Domänen gerecht werden.

Die Autorin: Marieluna Frank ist Doktorandin und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Global Governance der Zeppelin Universität Friedrichshafen und befasst sich mit Themen der Nachhaltigkeit, Umwelt und Generationengerechtigkeit.

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