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SichTRaum startet

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Zum 1. Januar 2020 startet das Forschungsnetzwerk „Sicherheit und Technologie im Weltraum“. Es wird von der Deutschen Stiftung Friedensforschung unterstützt und von PD Dr. Daniel Lambach und Arne Sönnichsen, M.A. an der Universität Duisburg-Essen koordiniert.

 

Warum dieses Netzwerk?

50 Jahre nach dem ursprünglichen „Space Race“ und der ersten Mondlandung wird der Weltraum wieder verstärkt zum Gegenstand von Konkurrenzkämpfen. Zwar war der Weltraum schon seit seiner ersten Erschließung von Machtpolitik geprägt, aber diese Konflikte konnten bislang erfolgreich eingehegt werden. Durch technologische Neuerungen, steigende Spannungen zwischen raumfahrenden Nationen und einer zunehmenden wirtschaftlichen Bedeutung des Weltraums steigt das Eskalationsrisiko von Konflikten. Dies liegt an zwei miteinander verbundenen Prozessen. Erstens gibt es immer mehr Akteure und Aktivität im Weltraum. Private Raumfahrtkonzerne senken die Zugangsschwelle zum Weltraum und revolutionieren damit den Markt für Raketentransport. Gleichzeitig entwickeln immer mehr Staaten nationale Weltraumkapazitäten. Zweitens zeichnet sich ein zunehmend militärisch konnotiertes Space Race zwischen Ländern wie den USA, China und Russland ab, das den Weltraum selbst zum Konfliktraum macht. In einer Phase gesteigerter geopolitischer Spannungen re-ideologisieren diese Mächte den Weltraum und setzen dadurch eine Rüstungsspirale in Gang, die sich insbesondere im Bereich der Antisatellitenwaffen abspielt. Die Dual-Use-Natur vieler Weltraumtechnologien erhöht das Risiko von Fehlwahrnehmungen und die Chance einer militärischen Eskalation zusätzlich.

Die technologischen, politischen, militärischen und ökonomischen Veränderungen in der Nutzung des Weltraums setzen das bisherige System der Outer Space Governance (OSG) unter Anpassungsdruck. Für Frieden und Sicherheit entstehen hierdurch zwei Bedrohungen:

  • Direkt durch Schritte zur Bewaffnung des Weltraums und durch die Beschwörung eines neuen Space Race.
  • Indirekt durch die Erschütterung des bestehenden OSG-Regimes. Zwar wird im OSG-System eher über sozioökonomische Fragen diskutiert, dennoch war das Regime bislang hilfreich, Konflikte bereits in ihrer Entstehung zu verhindern. Die Anpassung des OSG-Regimes ist notwendig, um diese Funktion zu erhalten und das System effektiver und inklusiver zu machen.

 

Welche Ziele hat das Netzwerk?

Es gibt einen klaren Bedarf an wissenschaftlich fundierter Diskussion darüber, wie friedlich und konstruktiv mit diesen Risiken umgegangen werden kann. Entsprechende Kompetenzen und Kontakte zwischen Wissenschaft und Praxis sind bislang nur punktuell vorhanden. Die europäische Raumfahrt und Weltraumpolitik, insbesondere im Rahmen der Europäischen Weltraumorganisation ESA, ist klar zivil ausgerichtet. So betont die EU-Kommission in ihrer europäischen Weltraumstrategie wirtschafts- und industriepolitische Ziele. Weltraumbezogene Sicherheitspolitik bleibt den Nationalstaaten überlassen, von einzelnen kooperativen Dual-Use-Programmen wie Galileo abgesehen. Nur langsam gelingt es den EU-Staaten gemeinsame Positionen zu Fragen der Weltraumsicherheit zu erarbeiten. Auch in Deutschland erhält die sicherheitspolitische Behandlung des Weltraums nur langsam mehr Aufmerksamkeit, die Schwerpunkte liegen aber weiterhin auf der wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Nutzung des Weltraums. Zudem ist es fraglich, ob das institutionell fragmentierte Raumfahrtmanagement in Deutschland die notwendigen Kapazitäten hat, um substanziell in friedens- und sicherheitspolitische Debatten einzusteigen. Da das Ziel der deutschen Außenpolitik einer multilateralen, kooperativen Weltordnung ohne Frieden im Weltraum nicht zu realisieren sein wird, sehen wir einen deutlichen Bedarf an wissenschaftlicher Politikberatung.

Das Projekt dient der Gründung eines Forschungsnetzwerks mit dem Titel „Technikprozesse und Sicherheit im Weltraum“, um die deutschsprachige Fachcommunity zu Fragen von Frieden und Sicherheit im Weltraum zusammenzubringen. Angesichts technisch und politisch bedingter Eskalationsrisiken ist die Bündelung wissenschaftlicher Expertise und der Austausch mit der Praxis dringend geboten. Durch die Schaffung des Netzwerks wird bestehende Forschung vernetzt, Möglichkeiten für multidisziplinäre Forschungsverbünde eröffnet und wissenschaftlicher Nachwuchs für das Themenfeld gewonnen. Ferner kann das Netzwerk die Sichtbarkeit der beteiligten WissenschaftlerInnen in öffentlichen Diskursen und für die politische Praxis erhöhen. Durch den Einbezug von PraktikerInnen sollen auch Anstöße aus der Praxis einbezogen werden, um politik- und friedensrelevante Forschung zu ermöglichen.

Am Netzwerk beteiligt sind deutschsprachige WissenschaftlerInnen und PraktikerInnen, die sich mit Weltraumpolitik beschäftigen und über die Auswirkungen von Technikprozessen auf Frieden und Sicherheit im Weltraum forschen und diskutieren. Die Zielgruppen des Forschungsoutputs liegen in der politischen Praxis, den Medien und der interessierten Öffentlichkeit, aber auch in der Weltraumforschung, wo sozial-, rechts- und friedenswissenschaftliche Perspektiven bislang nur eine untergeordnete Rolle spielen.

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